Wie BOLT12 die Nutzererfahrung mit Lightning aufwerten kann

Das Lightning-Netzwerk soll das Bezahlen mit Bitcoin einfach machen. Bisher ist die Nutzererfahrung oft suboptimal – aber BOLT12 verspricht, das zu ändern, indem es „Invoices“ durch „Offer“ ersetzt. Klingt technisch, besticht aber in der Praxis – und ist schon in den ersten Wallets live.

Wenn Bitcoiner von „BOLT“ reden, meinen sie die Protokoll-Standards für das Lightning-Netzwerk, ausgeschrieben „Basis of Lightning Technology“. Ähnlich wie die BIPs für Bitcoin definieren die BOLTs technische Standards, an denen sich die verschiedenen Implementierungen von Lightning orientieren. Eine der vielversprechendsten Standards ist derzeit BOLT12.

Um zu verstehen, warum, sollte man wissen, dass Lightning-Invoices derzeit nach BOLT11 gebildet werden. Wenn man mit Lightning Geld empfangen möchte, gibt man den Betrag ein und generiert eine Zahlungsaufforderung (englisch Invoice), üblicherweise als QR-Code. Eine solche Invoice nach BOLT11 enthält das Ziel – also die Pubkey des empfangenden Nodes -, einen Betrag in Satoshi sowie das Secret, das jeder Lightning-Zahlung unterliegt. Eines der Probleme mit BOLT11 ist, dass eine solche Invoice nur einmal gültig ist, selbst wenn man den Betrag leer lässt.

BOLT12 ändert dies. Der Standard ersetzt eine Invoice durch ein Offer, was Entwickler auch eine „Meta-Invoice“ nennen. Sie ist viel flexibler. Man kann sie wiederverwenden, man kann mit ihr bezahlen, aber auch bezahlt werden. BOLT12 ist so ähnlich wie eine Bitcoin-Adresse, nur besser, und in der Praxis wie LNURL, nur dass es nativ im Lightning-Netzwerk sitzt und daher weder Webserver noch TLS-Zertifikate, also keine dritte Partei, benötigt.

BOLT12 vereinfacht damit die Benutzererfahrung in vielen Fällen deutlich. Man muss nicht ständig eine neue Invoice generieren, sondern kann einen Code immer wieder verwenden, etwa wenn man Spenden sammelt und so weiter. Daneben erweitert BOLT12 die Zahlungsmodi:

  • Man kann durch einen Code bezahlen, ähnlich einer Lastschrift. So kann ein Bitcoin-Automat, nachdem man Fiatgeld eingezahlt hat, einen QR-Code anzeigen, über den die User per Scan Bitcoins abheben können.
  • Solche Abbuchungen sind auch wiederkehrend möglich, etwa bei Abonnements. Das wäre dann schon beinahe eine Dauerüberweisung.
  • Da BOLT12 Codes in zwei Richtungen gehen, wird es zudem möglich, Geld zurückzuzahlen, etwa wenn ein Produkt nicht geliefert wurde, ohne vorher eine Invoice anzufordern.

Neben dem hat BOLT12 noch einige subtile Vorteile:

  • es unterstützt „Blind Routing“, sodass man Geld empfangen kann, ohne den PubKey seines Nodes zu veröffentlichen. Dies unterstützt die Privatsphäre und entledigt einen von der Bürde, den Node, den man zu Hause betreibt, im Tor-Netzwerk zu verstecken.
  • BOLT12 kann E-Mail-artige „Payment Identifier“ nach BIP353 unterstützen, ohne dass dafür ein Webserver nötig ist. Dies könnte der lange ersehnte Durchbruch sein, um menschenlesbare Adressen zu bekommen, ohne Privatsphäre einzubüßen oder von dritten Parteien abhängig zu werden.

Kurz gesagt realisiert BOLT12 vieles von dem, was LNURL so großartig macht, ohne dessen Nachteile zu übernehmen, insbesondere die Abhängigkeit von einem Webserver.

Ob BOLT12 aber tatsächlich LNURL verdrängt, ist derzeit noch eine offene Frage. Wie so vieles bei Bitcoin und auch bei Lightning ticken die Uhren der Entwicklung und Umsetzung langsam. BOLT12 wurde schon 2020 erstmals vorgeschlagen und ist erst seit Kurzem reif für die Praxis. Bisher haben nur zwei Wallets BOLT12 implementiert: das sehr empfehlenswerte Phoenix als „wiederverwendbaren QR-Code“, und die Online-Wallet Coinos. Beide nutzen bisher nur einen Teil der Funktionen, die BOLT12 bietet.

Das Potenzial von BOLT12, Lightning-Zahlungen einfacher, privater und optionsreicher zu machen, ist groß und längst nicht ausgeschöpft. Allerdings sollte man bei aller Begeisterung nicht ignorieren, dass das vielleicht größte Problem von Lightning-Zahlungen auch mit BOLT12 weiter besteht: Beide Parteien müssen gleichzeitig online sein, damit eine Zahlung durchgeht. Diesen Hemmschuh trägt Lightning weiterhin.

Quelle: bitcoin.de